Storytelling im B2B ist immer noch eine Seltenheit. Viele Marketing-Verantwortliche im Business-to-Business (B2B)-Bereich setzen lieber auf rationalen Content, der schnelle Ergebnisse liefern soll. Whitepapers, SEO-Artikel und Co. werden am Fließband produziert. Emotionen, die durch eine gute Geschichte geweckt werden? Fehlanzeige.
Dabei zeigen Studien, dass Storytelling bei B2B-Zielgruppen wirkt – sogar 7-mal effektiver als eine auf Argumenten und Infos aufbauende Kommunikation. Emotionen sollten daher von Beginn an eine wesentliche Rolle im B2B-Marketing spielen.
Doch worauf kommt es beim Storytelling in der B2B-Kommunikation an? 10 Tipps.
1. Storytelling für wen und was
Wie bei jeder Kommunikationsmaßnahme sollte auch beim B2B-Storytelling die Zielgruppe genau definiert werden.
- Wenn will ich ansprechen (Buyer Personas)?
- Was ist der Anlass meiner Kommunikation (Pain Points der Zielgruppen)?
- Was soll meine Geschichte beim Empfänger auslösen (zum Beispiel eine Kaufentscheidung auslösen, Verständnis für komplexe Themen schaffen, Vertrauen aufbauen)
- Wie fügt sich das Storytelling in den Content Plan ein?
2. Wirksame Kanäle für gutes Storytelling
Sobald du die Zielgruppen für dein B2B-Storytelling kennst, geht es um deren Mediennutzungsverhalten und deine Customer Journey. Am wichtigsten ist dabei die Frage, wo deine potentiellen Kunden auf deine Lösung aufmerksam werden? Denn eine emotionale Ansprache wirkt am besten zu Beginn des Funnels. Sie legt den Grundstein für den Markenaufbau, den Geschichten bleiben länger im Gedächtnis. Argumente und Fakten wandeln dann eine entstandene Präferenz in positive Kaufentscheidungen um.
Diese Analyse zeigt, welche Kanäle du für deine emotionale Ansprache anvisieren solltest. Sie verhindert außerdem, dass das Erzählen packender Geschichten zum Selbstzweck verkommt, weil deine Zielgruppe mit deinen Storys nicht in Kontakt kommt.
Weite bei der Auswahl der Kanäle den Blick und schaue dir Owned, Earned und Paid Media an. Beispielsweise kann eine tolle Kundengeschichte einer Fachredaktion zur Veröffentlichung angeboten werden. Auch eine bezahlte Platzierung in Form eines Advertorials kommt infrage.
Darüber hinaus sollte die Geschichte in eigenen Publikationen und auf den firmeneigenen Internet-Auftritten geteilt werden. Eventuell ist sogar die Entwicklung ganz neuer Kanäle notwendig, wenn der Content zu sehr mit der bisherigen Marketingkommunikation bricht.
3. Konsistentes Storytelling im B2B
Erfolgreiches Storytelling im B2B Marketing lebt von Kontinuität. Das heißt nicht, dass du permanent dieselbe Geschichte immer wieder in neuem Gewand erzählst. Vielmehr geht es um einen roten Faden, der deine Kommunikationsmaßnahmen miteinander verbindet.
Dafür brauchst du eine Core Story. Sie liefert die Antwort auf das Warum in Simon Sineks „Golden Circle”.
Die Core Story ist eine greifbare und kurze Erklärung, was ein Unternehmen einzigartig macht und welchen Wert liefert Produkt oder Dienstleistung. Sie bildet das Zentrum aller Content-Formate – egal ob Blogartikel, Newsletter oder Story.
4. Erfolgsgeschichten aufspüren
Egal ob groß oder klein, ob Industrie oder Dienstleistung – jedes Unternehmen ist eine Fundgrube an tollen Storys. Doch wie spürst du sie auf?
Zu hören
Verabrede dich mit Kolleginnen und Kollegen zum Mittagessen oder zum Kaffee trinken und lass sie erzählen. Du musst dabei keine konkreten Story-Ideen für dein Unternehmen im Hinterkopf haben – im Gegenteil: gehe vorbehaltlos ins Gespräch und stelle, wenn überhaupt, offene Fragen. Welches Thema beschäftigt dich gerade im Job? Worauf bist du richtig stolz?
Im schlimmsten Fall wird daraus ein netter Plausch, im besten Fall gehst du mit einer Idee für eine neue Geschichte zurück ins Büro.
Schauen, was andere machen
Es gibt unzählige Auszeichnungen für Kommunikationsprojekte, beispielsweise den Deutschen PR-Preis oder den Best of Content Marketing Award. Schaue dir die Nominierten in den einschlägigen Kategorien für emotionale Geschichten wie Data Storytelling oder Corporate Media an.
Bleib dabei nicht in deiner eigenen Branche stecken, sondern informiere dich breit. Du wirst staunen, aus welchen Bereichen du Ideen für dein B2B-Unternehmen ziehen kannst.
Unterstützung für das Storytelling suchen
Bei allen Anstrengungen: Manchmal fehlt es schlicht an Zeit, um auf Themensuche zu gehen. Oder es herrscht eine gewisse Betriebsblindheit vor. Mühe dich nicht ab, sondern suche dir Unterstützung für dein Storytelling in der Unternehmenskommunikation. Das können zum Beispiele externe Dienstleister oder Kolleginnen und Kollegen sein.
5. Das Zwiebel-Prinzip nutzen
Du hast ein passendes Thema gefunden, nun geht es an die Recherche. Häufig stehen die Gesprächspartnerinnen und -partner zu Beginn fest.
Wenn du dich allerdings an eine Geschichte herantasten musst, kann das Zwiebel-Prinzip sehr hilfreich sein: Zuerst redest du mit Menschen, die gut erreichbar sind und gerne etwas zu dem Thema erzählen. Sie wiederum können den Weg zu anderen Protagonistinnen und Protagonisten ebnen, zum Beispiel zu Kunden, Entscheider oder Expertinnen.
Ohne die Verknüpfung zur ersten Person würden diese Menschen vielleicht gar nicht mit dir reden. Nähere dich also Schicht für Schicht dem Kern deiner Geschichte, um Antworten auf die wichtigsten W-Fragen zu finden: Wer, was, wann, wo, warum und wie.
6. In Formaten denken
Feste Formate helfen dir dabei, passende Themen zu finden und Regeln für eine auf die Zielgruppe zugeschnittene Kommunikation aufzustellen. Das kann unter anderem die Länge, den Aufbau und den Stil des Texts betreffen. Beispielsweise können Erfolgsgeschichten immer in der Form „Herausforderung – Lösungsweg – Umsetzung“ erzählt werden.
Bewährte B2B-Content-Formate sind:
Case Studies
Hier kommen die Kundinnen und Kunden selbst zu Wort. Sie erzählen, wie euer Produkt oder eure Dienstleistung ihnen bei der Lösung ihres Problems geholfen haben. Eine echte Erfolgsgeschichte!
Eine gute Case Study führt Interessenten den Nutzen des Angebots vor Augen, ohne werblich zu wirken.
Geschichte der Gründerin oder des Gründers
Hinter vielen Unternehmen stecken Gründerinnen und Gründer, die sich vom Durchschnitt der Bevölkerung abheben. Erzähl ihre Geschichte: Was treibt sie an? Wie leben sie? Wie haben sie die Lösung entwickelt? Was haben sie in Zukunft vor?
Verbinde ihre persönliche Geschichte mit den Werten eures Unternehmens. Das Ergebnis ist ein Plus an Glaubwürdigkeit.
Produktgeschichte
Jede Dienstleistung, jedes Produkt ist ein Ergebnis langen Nachdenkens und Ausprobierens. Diesen Weg kannst du nachzeichnen – mit allen Höhen und Tiefen.
Lass dafür involvierte Mitarbeitende wie Forscherinnen und Experten zu Wort kommen. Sie können nicht nur die nötigen Informationen liefern, sondern auch den Stolz über das Geschaffte vermitteln. In Form von Zitaten und Bildern wird die Geschichte rund um ein Produkt lebendig.
7. Archetypen (dosiert) verwenden
Storytelling lebt von Menschlichkeit – auch im B2B-Kontext. Es basiert daher auf zwei wesentlichen Punkten:
- Es gibt einen Protagonisten oder eine Protagonistin mit einem Konflikt oder einen Wunsch.
- Die Lösung dieses Konflikts bzw. die Erfüllung des Wunschs führt zu einer Weiterentwicklung des Protagonisten oder der Protagonistin. Es kann aber auch sein, dass andere Menschen davon profitieren.
Die handelnden Personen werden in dieser Heldenreise zu Identifikationsfiguren. Damit eine möglichst tiefe Verbindung gelingt, kann auf Archetypen zurückgegriffen werden.
Das Konzept geht auf den Psychoanalytiker Carl Gustav Jung zurück. In seinen Augen gibt es universelle Charaktervorstellungen in unserem Unterbewusstsein, auf die wir alle zurückgreifen. Sie helfen uns dabei, Menschen und ihre Handlungen einzuordnen und zu verstehen.
In der Regel werden 12 Archetypen definiert, die von einem bestimmten Grundbedürfnis angetrieben werden.
Archetypen und ihre Handlungsweisen können als Schablonen für die Entwicklung einer Geschichte dienen. Beispielsweise verkörpert der Held oder die Heldin Mut und Hilfsbereitschaft, während die Rebellin oder der Rebell Regeln bricht und den Status quo herausfordert. Geschichten über Liebende handeln dagegen vom Kampf zwischen Pflicht und Leidenschaft. Die jeweiligen Persönlichkeitsmerkmale und die vorhersehbaren Handlungsmuster steigern die Identifikation beim Zielpublikum.
Aber Achtung: Archetypen können schnell den kreativen Blick auf eine Geschichte verstellen und sind keine Garantie für Erfolg. Ich würde sie daher nur zur Rate ziehen, wenn eine Story nicht richtig zündet. Dann können Archetypen helfen, inhaltliche Klarheit und eine Struktur für den Text zu finden.
8. Journalismus als Vorbild für das Storytelling in der B2B-Kommunikation
Gut erzählte Geschichten setzt auf wahre Begebenheiten, die für die Zielgruppe relevant sind. In dieser Hinsicht steht die Unternehmenskommunikation dem Journalismus bei der Themenfindung in nichts nach.
Auch bei der Umsetzung können sich Marketingverantwortliche von Redaktionen einiges abschauen:
Füllwörter streichen
Entferne überflüssige Wörter, die keinen Mehrwert bieten. Verzichte auf Ausdrücke wie „irgendwie“, „eigentlich“ oder das unpersönliche „man“. Sei vorsichtig mit Substantiven, die auf „-ung“, „-heit“ oder „-keit“ enden.
Sprachliche Vielfalt nutzen
Verwende passende Synonyme. Diese machen den Artikel lebendiger und interessanter. Aber Achtung: Wenn kein passendes Synonym zur Verfügung steht, ist eine Wortwiederholung besser als ein weniger zutreffender Begriff.
Klar und direkt formulieren
Aktive Formulierungen sind leichter verständlich. Vermeide darüber hinaus verschachtelte Satzstrukturen.
Lebendig und natürlich schreiben
Orientiere dich an gängigen Wörtern und versuche, komplizierte Fachbegriffe zu vermeiden. Sie unterstreichen nicht die Expertise eines Unternehmens, sondern führen zu unnötigen Fragezeichen beim Gegenüber.
Show. Don’t tell.
Die Formulierung „Unsere Lösung hebt dich eine Stufe höher“ bietet für Leserinnen und Leser keinen Mehrwert. Niemand kann sich darunter etwas vorstellen. Bei Adjektiven wie „schön“, „groß“ oder „extrem“ wiederum hat jede und jeder ein anderes Bild vor Augen.
Werde daher konkret. Beschreibe, wie ein Kunde von deiner Lösung konkret profitiert hat, und nenne Beispiele.
9. Visuelle Anker setzen
Anders als Text können Bilder schnell und ganzheitlich erfasst werden. Gute Fotos sind daher Eye-Catcher und ziehen in die Geschichte. Mehr noch: Sie helfen dem Gehirn, das Geschriebene mit Gesichtern und Orten zu verbinden.
Verzichte also möglichst auf Stock-Fotos. Sie verwirren häufig, weil sie nicht mit der Geschichte konsistent sind: Die handelnden Personen auf den Bildern sind andere als im Text. Und auch die Räumlichkeiten stimmen nicht mit dem Beschriebenen überein.
Noch schlimmer sind Symbolbilder. Bei ihnen muss unser Gehirn die Verknüpfung zum Text selbst herstellen, was eine zusätzliche Anstrengung mit sich bringt.
10. Informationen nicht vernachlässigen
Warum Storytelling? Weil es Emotionen weckt. Sie sorgen dafür, dass Marken im Gedächtnis bleiben, da Gefühle eher und länger im Kopf bleiben als Fakten.
Dennoch sollten B2B-Kampagnen nicht nur aus Geschichten bestehen. Es geht auch darum, Daten und Fakten zu vermitteln. Sie sind es, die am Ende Markenpräferenzen in tatsächliche Käufe umwandeln.
Empfohlen wird – ähnlich wie im B2C-Bereich – 46 Prozent des Budgets für den Markenaufbau und 54 Prozent für das Performance-Marketing zu verwenden.